Intellektuelle Landschaften und das Bergdenken: Unterschied zwischen den Versionen

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(Siehe zu diesem Abschnitt auch: Hier lächelt die Schönheit der Welt, von: Zora del Buono, in: taz vom 1./2.3.2008, S. 16/17)  
 
(Siehe zu diesem Abschnitt auch: Hier lächelt die Schönheit der Welt, von: Zora del Buono, in: taz vom 1./2.3.2008, S. 16/17)  
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Am anderen Ende des Silsersees in Maloja wohnte zudem auch fünf Jahre der Fin-de-Siècle-Maler Giovanni Segantini, der in den Graubündener Alpen seine Bildwelt fand und hier nach eigener Auskunft seine glücklichsten Lebensjahre verbachte. Sein "Alpen-Triptychon" für die Weltausstellung 1898/1899 machte die hochalpine Welt berühmt. Sein Atelier im Chalet Kuoni (nach dem Ingenieur der Gotthardbahn-Gesellschaft Alexander Kuoni), das Segantini in Maloja bewohnte, kann heute noch besichtigt werden. (siehe: Reisen zur Kunst, Weltkunst 01/2021)
  
 
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Version vom 31. Dezember 2020, 20:26 Uhr

Die Wahrnehmung und Identifizierung einer Landschaft als Einheit ist kein primär rationaler Vorgang, sondern eine emotional-bildliche Vorstellung einer Einheit, die das zusammenbringt, was unsere Ratio nicht primär fassen kann. (siehe hierzu: Ute Guzzoni: Wege im Denken) Insofern ist es interessant, dass sich ausgerechnet die Intellektuellen Europas immer wieder in solchen Landschaften versammelt und getroffen haben. Gerade die Berge und Anhöhen haben es dabei den Denkern, Dichtern und Künstlern immer wieder angetan und manche Bergregionen geradezu in Intellektuelle Landschaften verwandelt, nicht selten skeptisch beäugt von der einheimischen Bevölkerung. Hier sollen nun einige dieser Intellektuellen Landschaften oder Landschaften der Intellektuellen exemplarisch vorgestellt werden.

Ein Wort noch vorab zu den Bergen und dem Wandern. Das Besteigen von Bergen galt lange Jahrhunderte über als Verschwendung von Kraft und Ressourcen. Erst mit der Aufklärung und Romantik setzte eine erst politische Form des Wanderns als Form der politischen Emanzipation des Bürgertums ein, dann eine naturverbundene Aneignung von Landschaft und Natur. Dabei haben hohe Berge freilich schon immer im Mythos der Welt eine große Bedeutung gespielt, weil der Berg den Göttern näher schien, vielleicht resultiert aber auch gerade daraus eine gewisse Form des religiösen Verbots, hohe Berge zu besteigen, weil nur Auserwählte den Göttern nah sein durften, um z.B. wie Moses das Gesetz zu erlangen.

Das Engadin und Nietzsche, Proust und Hesse

Natürlich gibt es im Engadin St. Moritz, Silvaplana und Pontresina, aber dort, wo sich die Intellektuellen zurückzogen, herrscht das Ende des Tals: Sils Maria am Silsersee.

Nietzsche verbrachte hier 600 Tage in einem kleinen Gastzimmer unten im Tal, hier am Ort der Erkenntnis in Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Oben im einzigen Grandhotel am Ort, im Waldhaus, ging es reger und zahlreicher zu, aber es scheint hier ein intellektueller Anziehungspunkt des Engadin entstanden zu sein. Denn es kamen: Honegger, Mann, Reinhardt, Fischer, Klemperer, Ullstein, Sacher, Hesse, Heuss, Moravia, Morante, Adorno, Szondi, Celan, Chagall, Kästner, Jünger, Dürrenmatt, Wold, Bowie und Bondy. Sie alle kamen und verbrachten hier ihre Zeit ohne Zeit im Denken der intellektuellen Landschaften.

(Siehe zu diesem Abschnitt auch: Hier lächelt die Schönheit der Welt, von: Zora del Buono, in: taz vom 1./2.3.2008, S. 16/17)

Am anderen Ende des Silsersees in Maloja wohnte zudem auch fünf Jahre der Fin-de-Siècle-Maler Giovanni Segantini, der in den Graubündener Alpen seine Bildwelt fand und hier nach eigener Auskunft seine glücklichsten Lebensjahre verbachte. Sein "Alpen-Triptychon" für die Weltausstellung 1898/1899 machte die hochalpine Welt berühmt. Sein Atelier im Chalet Kuoni (nach dem Ingenieur der Gotthardbahn-Gesellschaft Alexander Kuoni), das Segantini in Maloja bewohnte, kann heute noch besichtigt werden. (siehe: Reisen zur Kunst, Weltkunst 01/2021)

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Das Tessin und der Lago Maggiore

Das Tessin und der Lago Maggiore waren in den Zeiten, in denen die Urlauber noch nicht mit ihrem Auto einfach weiter gen Süden an den Strand heizen konnten, also zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Anziehungspunkt für viele Intellektuelle und Freibeuter jeglicher Glaubensrichtung.

Die Kolonie Henri Oedenkovens auf dem Monte Veritá

So auch für die Kolonie Henri Oedenkovens auf dem Monte Veritá. Oedenkoven suchte um 1900 einen Ausweg aus der zivilisatorischen Öde und errichtete mit einigen Gleichgesinnten auf dem Berg sein kleines naturistisches und nudistisches Paradies als dritten Weg zwischen Kapialismus und Kommunismus. Seine Villa Anatta ist heute noch das Bermudadreieck des Geistes nahe Ascona, wo zahlreiche Utopien entstanden und gelebt worden sind. Vegetarier, Bauhaus-Künstler, Freimaurer und Frauenbefreier, Pendelschwinger, Buddhisten und Lebenskünstler von Hesse, Rilke, James Joyce bis Hans Arp, C.G. Jung, Max Oppenheimer, El Lissitzky kamen hierhin. Der Berg der Wahrheit im Tessin wurde so für die Schweizer zu einem Sündenpfuhl. Heute ist es ein Museum und das Weltdorf der Weltverbesserer harrt den beflissenen Besuchern.

(Siehe zu diesem Abschnitt auch: Einst im Natürlichkeitstaumel, von: Lilo Solcher, in: taz vom 27./28.5.2007, S. 14)

Siehe auch: http://www.tagesspiegel.de/kultur/paradies-mit-eisenbahnanschluss/7988804.html

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Die Sierra de Guadarrama

Etwas weniger bekannt in den intellektuellen Landschaften Mitteleuropas dürfte wohl die Sierra de Guadarrama sein, gleichwohl sich hier die spanischen Intellektuellen genauso trafen wie im Engadin und im Tessin und hier eine der größten Tragödien des Spanischen Bürgerkriegs spielt.

Für die Intellektuellen der Jahrhundertwende vom 19. zum 20 Jahrhundert verkörperten die Berge der Sierra de Guadarrama rund 50 Kilometer nördlich von Madrid so etwas wie die heimische Gegenkomposition zu den Alpen und der Kern Spaniens nach den Verlusten des überseeischen Großreichs. So holten sich einheimische Autoren wie Antonio Machado, Pio Baroja oder Miguel de Unamuno genauso ihre Eindrücke von den Madrider Hausberger wie später der Kriegsberichtserstatter Hemingway. Er musste miterleben wie hier die Verteidiger der Republik von den falanginischen Truppen aufgerieben wurden. Der faschistische General Franko ließ sich hier am Fuße der Sierra schließlich sogar eine Kathedrale bauen, in der er noch heute beerdigt liegt.

Heute ist die Sierra für der Naherholungsurlaub der Madrider Bevölkerun voll erschlossen.

(Siehe zu diesem Abschnitt auch: Berge voller Geschichte, von: Rainer Wandler, in: taz vom 26./27.4.2008, S. 24)

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Todtnauberg und Martin Heidegger

Das enge Verhältnis von Martin Heideggers Weltabgewandtheit in seiner Hütte auf dem Todtnauberg und etwa seiner Technikphilosophie von der von dem Gestell verstellten Welt, ist so offensichtlich und klar, dass man es kaum aussprechen mag. Dass sich hier jedoch auch ein exemplarischer Kreis zu Nietzsche schließt, ist vielleicht weniger offensichtlich und bekannt. Denn "Also sprach Zarathustra" von Nietzsche, die Idee des Ewig Wiederkehrenden, entstand in 6000 Fuß Höhe in den Bergen des Engadin.

Berge und das Denken scheinen zusammenzugehören, gleichwohl sich die Wahrnehmung der Landschaft dem Geist entzieht.

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