Die Zukunft des Buches oder warum das Buch elektronischen Medien überlegen ist

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Einleitung oder die These vom Ende des Buchzeitalters

In seinem Buch Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des Buchzeitalters (englisch: The Gutenberg Galaxy. The Making of Typographic Man) vertrat schon 1962 Marshall McLuhan die These von einer Ablösung des Buchzeitalters durch die vernetzten elektronischen Medien. Damals hatte der Computer noch gar nicht seine heutige Bedeutung erlangt und das Internet, so wie wir es kennen, gab es noch gar nicht, dennoch glaubte McLuhan sehen zu können, wie das Medium des Fernsehens oder des Radios eine neue Art von Denken hervorrief. Die These von dem Medium, das die Botschaft selbst ist, war geboren. Denn nach McLuhan kommt es weniger darauf an, was über einen medialen Kanal verbreitet wird, sondern vielmehr wie es verbreitet wird.

Marshall McLuhan folgten einige Theoretiker nach. Norbert Bolz etwa vertrat in seinem Buch Am Ende der Gutenberg-Galaxis. Die neuen Kommunikationsverhältnisse ebenso wie McLuhan die These, dass das linear angelegt Buch und seine bürgerliche Wirklichkeitsdefinition durch eine komplexe Strukturen abbildende Hypertextualität abgelöst werde.

Manuel Castells, der in seinem dreibändigen, monumentalen Werk zur Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur des Informationszeitalters im ersten Band zur Netzwerkgesellschaft diesen Übergang von der Gutenberg-Galaxis zur "McLuhan-Galaxis" versucht hat zu beschreiben, geht sogar noch einen Schritt weiter. Castells glaubt, dass durch die elektronischen Medien zwar in der Tat in den 60er Jahre des 20. Jahrhunderts eine Massenkultur entstanden sei, sich diese aber durch das Internet in eine "interaktive Gesellschaft" (406 ff) gewandelt habe.

Kritiker des gesellschaftlichen Wandels blieben derweil nicht aus. Eine der wohl bekanntesten Kritiken an einem vermeintlichen Ende des Buchzeitalters dürfte wohl Neil Postmans Buch Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie sein, in dem Postmann schon in den 80er Jahren das Ende des rationalen Denkens durch eine durch die Massenmedien ausgelöste emotionale Bildersprache anprangerte. Postman sah dadurch unsere gesamte Kultur des Denkens und Handelns gefährdet.

Im Folgenden soll nun gezeigt werden, dass das Buch als Medium durchaus auch weiterhin seine Daseinsberechtigung behalten wird, weil es als Medium in einigen entscheidenden Punkten dem elektronsichen Medium überlegen ist und auch weiterhin unsere Denk- und Vorstellungswelt prägen wird. Die neuen Technologien im Internet und in der mobilen Kommunikation haben zudem geradezu eine Renaissance der Schriftkultur eingeleitet. Sie sind eine Schriftlichkeit 3. Grades und benötigen um den Preis ihres Unterganges ebenso die Schriftlichkeit 2. Grades, also unsere Buchkultur, wie unsere Buchkultur auf die Schriftlichkeit 1. Grades in Form mündlich tradierter Überlieferungen notgedrungen angewiesen ist.

Die Vorteile des Buches

Die Usability oder die Mensch-Medium-Schnittstelle

Häufig wird, wenn es um die Vorteile des Buches geht, betont, dass ein Buch ohne Strom funktioniert und auch in der Badewanne oder an sonstigen für Elektronik weniger geeigneten Orten gelesen werden kann. Das ist sicher richtig und ein großer Vorteil des Mediums Buch und dennoch fasst dies noch nicht alle Vorteile zusammen, die das Medium im Sinne der Benutzbarkeit an sich hat. So ist das Buch auch einfach übersichtlicher. Man kann Lesezeichen einlegen, Anstreichungen machen und durch das Durchblättern des Buches seine Anstreichungen leicht wieder finden.

Zwar lassen sich solche grundlegenden Kulturtechniken wie Anstreichungen, Anmerkugnen und Lesenzeichen auch in elektronischen Dokumenten anbringen und nachbilden, aber seinen größten Vorteil hat das Buch in seiner Haptik. Das ist nicht nur bloße Nostalgik, sondern hat etwas mit Übersichtlichkeit zu tun. Wenn Sie einmal in einer Bibliothek gewesen sind, werden Sie wissen, was hier gemeint ist. Eine thematisch aufgestellte Bibliothek bietet auf einen Blick eine physische Vorstellung von einem Themengebiet, das ein elektronisches Dokument kaum zu repräsentieren vermag. Sie können sehen, wieviel Literatur zur französischen Literaturgeschichte oder zum Nationalsozialismus vorhanden ist und welches Thema sozusagen "wichtiger" ist.

Die Usablity-Vorteile des Buches auf einen Blick:

  • das Buch funktioniert ohne zusätzliche Hilfsmittel und ohne Strom
  • das Buch kann an fast jedem Ort der Welt gelesen werden
  • die Haptik des Buches gibt einen Eindruck von Umfang und Inhalt
  • Anstreichungen und Durchblättern ermöglichen einen späteren schnellen Rückblick
  • das Buch ist übersichtlich anordnenbar, etwa in einer thematischen Bibliothek

Langzeitarchivierung, Haltbarkeit des Buches

Mal ehrlich, wie lange, glauben Sie, wird es die Wikipedia so geben, wie es sie heute gibt? 50 Jahre, 100 Jahre, 200 Jahre oder 400 Jahre? Der Brockhaus-Verlag z.B. wirbt damit, dass das Papier seiner Enzyklopädien 400 Jahre haltbar sei. Was aus einer elektronischen Textsammlung von heute einmal werden soll, ist völlig unklar. Nicht umsonst gibt es immer mal wieder Projekte, die das Ausdrucken der Wikipedia vorschlagen. In der Tat gibt es Stimmen, die unsere Zeit aus den Augen kommender Historiker als ein stummes Zeitalter ansehen, weil unsere elektronischen Dokumente über die Jahrzehnte und Jahrhunderte in Vergessenheit geraten - gelöscht werden könnten.

Natürlich gibt es viel bessere und haltbarere Materialien für eine Langzeitarchivierung, aber das säurefreie Papier scheint doch der beste Kompromis aus Kosten und Haltbarkeit darzustellen.

Die Vorteile des Buches sind daher:

  • die Haltbarkeit eines Buches dürfte bei mehreren hundert Jahren liegen (siehe Langzeitarchivierung)

Linearität und Aufmerksamkeit

Das Buch hat neben der einfachen Benutzbarkeit noch einen sehr praktischen Vorteil. Es bindet seinen Leser meist zu 100% in den Lesevorgang ein. Vielfach bekommt man zu hören, ein Buch habe einen "gefangengenommen" und sei von der ersten bis zur letzten Seite "verschlungen" worden. Können Sie sich vorstellen, dass Sie eine Webseite von der ersten bis zur letzten Seite "verschlingen"?

Und in der Tat bindet das Buch die Aufmerksamkeit eines Lesers so stark, dass man kaum andere Dinge neben dem Lesen tun kann und Bücher neigen auch kaum dazu so aufgebaut zu sein, dass man viel in ihnen Blättern oder in ihrem Inhalt herumspringen muss. Ein Buch bildet meist einen linearen Gedankengang ab, den man sequentiell abarbeiten muss. Das Bild vom "Surfen" im Internet ist dabei gar nicht soweit hergeholt, weil man im Internet meist einem Gedanken auf den anderen folgt und sich nach einigen Hyperlinks manchmal gar nicht mehr an den Ausgangspunkt der Gedanken erinnern kann.

Das Buch dagegen erzieht so tatsächlich dazu, bei einer Sache zu bleiben und diese von vorne bis hinten durchzudenken. Linearität der Gedanken schafft Klarheit und zwingt dazu, die Dinge gedanklich zu ordnen. Das gilt nicht nur für den Leser, sondern auch für den Autoren eines Buches, der sich zudem durch die begrenzten Ressourcen des endlichen Papiers kurz fassen muss.

Die Vorteile des Buches sind daher:

  • Unterstützung des Lesers, bei der Sache zu bleiben
  • Unterstützung des Schreibers bei der Formulierung linearer Gedankengänge
  • Gedankengänge müssen wegen der Knappheit des Raumes knapp und präzise formuliert werden

Die Einheit des Autors

Über die Theorien der Autorschaft lässt sich sicher lange und ausgiebig diskutieren, eines dürfte jedoch in den letzten Jahren immer klarer werden. Durch die kollaborativen Techniken im Internet, an einem gemeinsamen Text zu arbeiten, durch einfaches copy&past, hat sich die Orginalität der Autorschaft immer weiter verflüchtigt und ist teilweise kaum noch zu erkennen wie Stefan Weber in seinem Buch Das Google-Copy-Paste-Syndrom beschrieben hat. Das Buch ist zwar kein Garant dafür, Orginalität zu erhalten und vielleicht ist der orginiale Autor ja auch tatsächlich ein Stück weit eine Schimäre, aber dennoch scheint der Entschluss, ein Buch von der 1. bis zur letzten Seite zu schreiben, die Autorschaft als originale Urheberschaft zu unterstützen. Wer einmal begonnen hat, ein Buch zu schreiben, weiß von dieser Orginalität.


Die Überlegenheit der elektronischen Dokumente

Natürlich sollen hier auch nicht die Vorteile elektronischer Medien verschwiegen werden, zumal sie auf der Hand liegen und den elektronischen Medien in den letzten 10 Jahren auch einen unvergleichlichen Siegeszug beschert haben.

Denn elektronische Medien lassen sich mit einfachen Mitteln schnell und einfach indexieren und damit durchsuchen. Musste man in Büchern früher noch mühsam ein eigenes Register anlegen, so hilft heute eine Volltextsuche auch dort, wo Namen im Register vergessen worden sind; mal abgesehen davon, dass das Erstellen von Registern viel Arbeit bedeutet und häufig nur wissenschaftliche und halbwissenschaftliche Bücher über ein Register verfügen.

Auch die beliebig häufige Reproduzierbarkeit eines elektronischen Dokuments ist ein nicht zu verachtender Vorteil des elektronischen Buches. Elektronische Dokumente lassen sich schnell und einfach kopieren und damit auch untereinander austauschen. In letzter Zeit entwickeln sich sogar immer mehr elektronische Kulturtechniken wie die Wikis, die darauf angelegt sind, kollaborativ an Dokumenten zusammenzuarbeiten. Ein Buch hat meist nur einen Autor oder wenigstens ein paar wenige, elektronische Dokumente aber haben häufig sehr viele Autoren und die Autorschaft verliert zunehmend an Gewicht.

Die Vorteile elektronische Medien auf einen Blick:

  • Dokumente lassen sich leicht durchsuchen
  • Dokumente lassen sich leicht kopieren/ reproduzieren
  • An Dokumenten lässt sich leicht zusammenarbeiten

Weblinks

  • Open Enteignung Über die Nachteile einer nur auf Digitalisierung setzenden Gesellschaft

Literatur











Denis Diderot 13:08, 19. Mär 2009 (CET)